Shakshuka

Köstlichkeit im Morgengrauen. Eine kleine Geschichte zum leckeren Rezept.

Mein Kopf dröhnt, ist dumpf von Elektromusik. Ich öffne die Tür zur Straße, ein grelles Licht strömt durch die dicke Clubtür. Einmal blinzeln, zweimal blinzeln, ich erkenne die kleine Straße wieder. Im Morgengrauen wirkt sie völlig verändert, so entspannt. Ein älterer Mann läuft die Gasse entlang, unterm Arm eine volle Papiertüte – er pfiff eine einfache Melodie. Es klang wie ein Kinderlied.

Da ist sie schon, Anni, meine alte Schulfreundin. Wir sind verabredet. Sie bat mich um 6 Uhr morgens vor dem Club The Block zu warten. So ungewöhnlich und skurril, aber das passt zu ihr, denke ich. Sie lebt schon sehr lange in Tel Aviv – ich bin nur ein kurzweiliger Gast dieser außergewöhnlichen Stadt. Woher sie kam oder warum wir uns hier um diese Uhrzeit treffen, brauchte ich sie nicht zu fragen – auch nicht wohin wir gehen. Sie war schon früher immer die mit dem Plan gewesen – „Lass mich nur machen“. Ich lasse sie. Wir laufen durch den heißer werdenden Morgen, durch kleine Gassen, große Straßen und einen grünen Park. Die Vögel waren erwacht und zwitscherten lebendig, es roch nach Eukalyptus, Zitronen und frischem Brot. Die Stadt ist voller Gerüche, man kann daran die Tageszeiten festmachen. Ständig wird gekocht, gebrutzelt, es riecht nach Feuer und vielen Gewürzen. Anni lächelte etwas verträumt und erklärte: Dies ist die schönste Zeit des Tages.

Noch einmal um die Ecke gebogen, stehen wir vor einem kleinen Laden – ein Imbiss – etwas provisorisch eingerichtet mit einer kleinen Theke auf der sich gusseiserne Pfannen und Messingtöpfe stapelten. Dazwischen kleine Schalen, gefüllt mit gebratenen Auberginen, schwarzen Oliven, Humus, gewürzt mit Tahina, einer Sesampaste und Knoblauch – sehr traditionell. Anni begrüßt den Wirt. Sie scheinen sich gut zu kennen, denn Yonatan – seinen Namen erfuhr ich erst später – küsst sie auf die Wange. Ein paar schnelle Worte und wir nehmen am Tisch in der Ecke Platz. Über uns eine Wand mit vielen Fotos, die eingefasst in verschieden farbigen Holzrahmen ein Mosaik aus Erinnerungen zu sein scheint. Wir sind nicht die einzigen Gäste. Es ist zwar nicht voll, aber überall verteilt sitzen Männer und Frauen, ins Gespräch vertieft. Manche lachen, andere besprechen sich – vielleicht sogar geschäftlich. Nach einer kurzen Weile serviert Yonatan uns frischen Minztee und einige Schalen mit kleinen Salaten und Vorspeisen. Er eilt zurück hinter den Tresen und als er wiederum zum Tisch kommt, trägt er eine große gusseiserne Pfanne. Sie dampft und Kumin, Koriander und der Geruch von Knoblauch drängt mir entgegen. Atemberaubend. Als Yonatan die schwere Pfanne absetzte erkenne ich: das ist Shakshuka. Ein israelisches Frühstück mit Eiern, pochiert in einer Sugo aus Tomaten, Paprika und in diesem besonderen Fall, zartem geschmorten Lammgulasch. Anni hat mir oft am Telefon davon erzählt, aber dieser Geruch übertrifft meine Erwartungen. Gegessen wird die Köstlichkeit direkt aus der Pfanne. Einfach ein Stück Fladenbrot abbrechen und eintauchen. Eigentlich stammt das Gericht aus Nordafrika, aber im Laufe der Zeit haben viele Gerichte eine neue Heimat in Israel gefunden – meist etwas abgewandelt und angepasst.  „Wir haben viel vor heute“, sagt Anni „greif zu. Shakshuka wird uns durch den Tag bringen“.

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Shakshuka für Zuhause

Die Zutaten:

Für 2 – 4 Personen
250 gr. Lammgulasch
1 mittelgroße Zwiebel
4 Knoblauchzehen
1 Stengel frischer Rosmarin (alternativ 1 EL getrockneter Rosmarin)
2 – 3 frische Paprika (gewürfelt)
2 Dosen Tomaten (oder 6 – 8 gereifte mittelgroße Tomaten)
3 Wacholderbeeren
3 Pimet-Körner
3 Nelken
3 Lorbeerblätter

Würze:

2 EL Honig
1 TL Harrisa (je nach gewünschtem Schärfegrad auch etwas weniger oder mehr – probiert einfach und gebt dann ggf. noch etwas hinzu)
2 EL Koriandersamen (gestößelt / gemahlen)
1 TL Kurkuma (getrößelt / gemahlen)
1 TL Kumin (getrößelt / gemahlen)
1 TL Zimt (getrößelt / gemahlen)
1 TL Paprikapulver (süß und scharf gemischt)

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Zum Schluss:

4 Eier (zum pochieren)
1 kleinen Becher Naturjoghurt (als Soße um die Schärfe etwas abzumildern)
1 – 2 Brote zum Dippen (Fladenbrot, Ciabatta oder Baguette)
Kleiner Bund frischer Koreander

Die Zubereitung:

Eigentlich ist die Zubereitung ganz einfach. Zeit ist die kostbarste Zutat, aber bei einem Gericht wie diesem, empfehle ich ein bisschen was davon übrig zu haben. Es ist ein Essen das alle Sinne anspricht und es beginnt mit dem Kochen.  Erstmal gibt es was auf die Ohren, zum einstimmen und für die Phantasie. Versuchs doch mal mit dem Spotify Album Israel: Música Judía Para Fiestas

Wenn die Musik läuft und der Koch sich schön etspannt, geht es auch schon los. Du brauchst eine große Pfanne am besten mit Deckel, ein Schneidebrett, ein scharfes Messer und einen Kochlöffel – das hast du bestimmt Zuhause. Ich finde es immer ganz praktisch einige Dinge vorher in Ruhe vorzubereiten: Zwiebeln und Knoblauch hacken, Paprika und Tomaten klein schneiden, ein paar Rosmarin-Stängel aus dem Garten / Balkon oder Gefrierfach holen und abwaschen (getrocknet geht natürlich auch) und die Gewürze vorbereiten. Einiges davon hast Du vielleicht schon in gemahlener Form, aber anderes musst Du noch stößeln.

Und jetzt geht es endlich los:

  1. Lammfleisch in kleine Stücke schneiden (ca. 1,5 X 1,5 cm). Es geht hier keinesfalls genau – nachmessen ist nicht notwendig 🙂
  2. Pfanne auf eine hohe Stufe erhitzen
  3. Olivenöl zum anbraten in die Pfanne geben und den Rosmarinstängel mit ins Öl legen. Vorsicht: Das Öl sollte nicht zu heiß werden (Rauch ist ein deutliches Zeichen dafür, dass es schon passiert ist…)!
  4. Fleisch zusammen mit den Zwiebeln scharf anbraten
  5. Einen Tick später den Knoblauch hinzugeben (sodass er nicht schwarz-braun wird)
  6. Ein paar Minuten brutzeln lassen
  7. Tomaten und Paprika in die Pfanne (wenn Du frische Tomaten genommen hast, gib einen kleinen Schluck Wasser hinzu, sodass nun alles zu köcheln beginnt)
  8. Kräftig salzen und auch pfeffern (da wisst ihr am besten, was ihr braucht)
  9. Wacholder, Piment, Nelken und Lorbeerblätter hinzugeben
  10. Den Herd auf eine niedrigere Stufe zurückstellen und das Ganze ne gute halbe Stunde sanft vor sich hin köcheln lassen.
  11. Nach der halben Stunde alle Gewürze  (Honig, Harrisa, Koreander, Kumin Kurkuma, Zimt und Paprika) hinzugeben und weiter köcheln lassen.
  12. Jetzt ein bisschen nach Gefühl: Probiere das Fleisch. Erst wenn es schön zart ist und mit der Zunge zerdrückt werden kann, ist es fertig. Solange köchelt es erstmal weiter.
  13. Wenn das Fleisch zart und weich ist, probiere die Soße und salze ggf. nochmal etwas nach. Sollte es dir schon zu scharf geraten sein, hilft es auch immer noch ein bisschen Honig hinzuzugeben.
  14. Endspurt: Die Eier aufschlagen und in kleine Mulden in der Soße geben. Deckel drauf und ca. 5 – 8 Minuten warten.
    –> Entschiedet selbst, ob das Eigelb für euch lieber noch etwa weicher oder besser schon hartgekocht sein soll.
  15. Brot aufschneiden, große Pfanne auf den Tisch, etwas frischen Koreander zur Dekoration über das Essen geben.

Ein Stückchen Brot in die Pfanne tauchen und nun einfach nur noch genießen.

Ich hoffe mein Rezept schmeckt euch und freue mich über eure Kommentare!

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Psst! Ich bin übrigens auch ganz großer Fan von Ottolenghis und Tamimis Kochbuch Jerusalem – da gibt es auch wunderbare Rezepte.